An einem Grab zu stehen und an die Auferstehung zu glauben, fällt sicher den meisten Trauernden erstmal unendlich schwer. An Ostern feiern die christlichen Kirchen Jesu Tod und Auferstehung. Mit dem Begriff der Auferstehung konnte ich noch nie so recht was anfangen – dabei hilft mir auch nicht, dass ich in liebevollem christlichen Glauben groß geworden bin. Aber ich glaube daran, dass wir die Bedeutung von Auferstehung ganz individuell betrachten können. Und so nehme ich den Ostergottesdienst heute als Trauerbegleiterin auch ganz anders wahr.
In der Trauerbegleitung sprechen wir davon, dass die Trauernden eine neue Beziehung zu ihren verstorbenen Lieben finden sollen. Und wie oft höre ich von Zeichen, von einer neuen Verbindung, die mit dem Verstand überhaupt nicht zu erklären ist. Das ist für mich Auferstehung, die Hoffnung, dass es da mehr gibt, als unsere moderne heutige Gesellschaft öffentlich zulässt. Denn Menschen, die von Zeichen und Verbindung sprechen, ernten häufig nur Kopfschütteln. Dabei können gerade sie uns mit vielen Begebenheiten klar machen, dass der Tod nicht das letzte Wort hat.
An einem Grab zu stehen und dabei gleichzeitig an die Auferstehung zu glauben, ist schier unmöglich. Wenn wir uns aber die Ostergeschichte der Kirchen anschauen, dann finde ich da ganz viele Rituale, die uns in den letzten Jahrzehnten in weiten Maßen abhanden gekommen sind.
Es ist ganz gleich, ob wir christlich orientiert sind oder nicht – Rituale und Vertrauen ins Sterben helfen beim Abschied und bei der Trauerbewältigung egal in welchem Alter die Trauernden sind.
Die Jünger und die Frauen suchten die Höhle auf, in der Jesus lag, um zu trauern. Diesen Trauerort braucht jeder, ganz gleich ob er auf einem Friedhof ist, auf einer Bank im Park oder im Fussballstadion am Lieblingsplatz des Vaters. Wie traurig wäre es, hätten wir diese Orte des Gedenkens nicht: Einen Ort zum Trauern, einen Ort zum Danken und vielleicht auch um über Schuld und Vergebung mit den Toten zu sprechen. Gerne auch mal einen Ort zum Lachen oder zum Schimpfen. Alles ist erlaubt, alles darf sein, um eine neue Beziehung zum Verstorbenen zu finden.
Trauernde wissen, wie viel Kraft es kostet, einen Menschen in ein Grab abzugeben. Wie viel Kraft es kostet, durch diesen Abschied zu gehen – immer wieder.
Es ist gut, wenn dann Menschen da sind, die einen mitnehmen, die einen begleiten, die eine Schulter zum Anlehnen sind, eine Hand, die hält und ein guter Geist, der den Alltag ein bißchen leichter macht. Niemand, der sagt „das wird schon wieder“ oder „das Leben muss weitergehen“. Niemand der die Trauer kleiner machen möchte, sondern jemand, der Raum zum Trauern schenkt. Und das vielleicht auch noch Monate später.
Trauern, weinen, den Schmerz zulassen ist so wichtig. „Wein doch nicht“ ist ein schlechter Rat, denn Tränen bringen die Trauer ins Fließen. Sie helfen das Harte nicht noch härter werden zu lassen. Es gibt keinen Weg an der Trauer vorbei, es gibt nur den Weg durch sie hindurch.
Viele Menschen verändern sich im Trauerprozess. Werden feinfühliger, empathischer, geben ihrem Leben eine neue Richtung. Manche finden den Weg in die Spiritualität, fast immer bekommt das eigene Leben einen tieferen Sinn. Wir werden uns unserer eigenen Endlichkeit deutlich bewusst. Und in der Begleitung von Sterbenden kommt oft noch das Gefühl von tiefem Vertrauen ins Sterben hinzu. Vertrauen darauf, dass die Seele den Körper verlässt und es weiter geht. Und es trotzdem eine nicht zu beschreibende Verbindung gibt.
Ein ganz altes Symbol für die Auferstehung ist die Verwandlung der Raupe in den Schmetterling. Er ist mein liebstes Symbol in der Trauerbegleitung.
Wenn wir all das an Ostern finden können, wenn wir der Hoffnung und dem Glauben, dass das Ende nicht der Tod ist, einen Platz geben, dann empfinde ich dies als ein ganz besonders wertvolles und emotionales Geschenk.
Ich wünsche Euch wundervolle Ostertage mit den Menschen, die Euch wichtig sind.
Eure Petra
(Foto: pixabay)