Ich müsste, ich könnte mal, ich sollte… wenn, hätte, wäre… Kennt Ihr auch den Satz „Hätte, hätte Fahrradkette“? Es ist ja nicht so, dass Menschen nur an Silvester gute Vorsätze schmieden, die sie dann gar nicht umsetzen und spätestens Ostern frustriert feststellen, dass der gute Vorsatz irgendwo auf der Strecke geblieben ist.
Es passiert immer und immer wieder. Menschen die zu mir ins Coaching kommen, aber auch beim Gespräch mit Freunden und Bekannten oder auch Fremden. Wünsche und Pläne, die sehnsüchtig klein und unscheinbar erwähnt werden und nie zur Verwirklichung kommen. Leben, die aus Arbeit und Alltagstrott bestehen anstatt aus Leidenschaft, Glück und Freude.
Im Januar finden bei mir immer Vision Board Workshops statt und ich freue mich, wenn ich im Laufe der Monate mitbekomme, dass danach doch tatsächlich richtig Bewegung in das Leben meiner Teilnehmerinnen gekommen ist (es sind tatsächlich immer nur Frauen dabei), weil sie zum ersten Mal tief in ihr Unterbewusstsein geschaut haben und ihre ureigensten Bedürfnisse visualisiert haben.
Und dann gibt es diejenigen, die immer sehnsüchtig nach ihren Träumen schielen, aber nicht bereit sind, auch nur einen minikleinen ersten Schritt zu tun. Die immer eine neue Ausrede finden und neidisch andere beäugen, die ihrer Berufung folgen, auch wenn es mit finanziellen oder persönlichen Einschnitten verbunden ist. Denn ohne diesen ersten Schritt passiert nämlich nichts und zwar rein gar nichts. Es braucht ein Ziel, einen Plan und einen ersten Schritt – am besten gepaart mit Menschen, die in die gleiche Richtung laufen und nicht noch den eigenen inneren Kritiker mit ihren eigenen negativen Glaubenssätzen füttern.
Seit ich Trauerbegleiterin bin, fällt mir auf, wieviel Bewegung und Energie in Menschen kommt, die aus den tiefsten Krisen ihres Lebens mühsam wieder auf die Beine gekommen sind. Seelischer Schmerz ist einer der größten Antreiber für Veränderung. Wieviele neue Türen sich danach geöffnet haben. Ich bin nur eine von ihnen und kann das tatsächlich bestätigen. Da führt dann plötzlich ein kleiner Schritt in eine andere Richtung zu neuen Lebensthemen und neuen Menschen, die oft viel besser ins eigene System passen, als die Menschen, die vor der Krise noch zum Leben dazu gehört haben. Die Fragen nach dem Sinn des eigenen Lebens werden konkreter, der Horizont weitet sich. Oft begleitet von einer großen Spiritualität.
ich glaube es kostet viel Mut, alte Pfade zu verlassen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier – alte Pfade sind sicher und vertraut und wenn der Sturm des Lebens gewaltig tobt, fühlt sich dieser Pfad einfach gut an. Manchmal ist dieser Pfad aber ein morastiger und stinkiger Weg, der nur vermeintlich gut für uns ist, der eigentlich gar nicht sicher und schützend ist. Mit Scheuklappen auf den Augen nehmen wir das hin anstatt nach unten zu schauen und festzustellen, dass es Zeit wird weiterzugehen. Dorthin wo wieder fester Boden unter den Füßen ist, der uns durch’s Leben trägt.
Frag Dich ernsthaft: Wer bin ich? Wer und wie wollte ich immer sein? Wo stehe ich jetzt und was will ich noch in meinem Leben erreichen?
Es ist ja erstaunlich, dass wir Menschen immer davon ausgehen alt zu werden. Aus meiner Arbeit kann ich nur sagen, das ist ein Irrtum und zwar einer der größten. Wir sterben ab dem Moment, an dem wir auf die Welt kommen…jeden Tag ein bißchen und wir wissen nicht, wieviel Zeit unser Lebensplan auf dieser Erde vorsieht. Menschen sterben in jedem Alter, unsere Gesellschaft hat das Sterben nur recht erfolgreich aus dem Alltag verbannt, so dass wir inzwischen eine große Distanz dazu entwickelt haben.
Wir tun also gut daran, unser Leben wertvoll und reich zu gestalten und mit reich meine ich nicht die finanzielle Seite. Wir tun gut daran, unseren Kinder vorzuleben, dass Schulnoten nicht das einzig wichtige sind sondern uns zu erlauben zu träumen und diese Träume auch zu leben. Nicht jeder Traum wird dabei in Erfüllung gehen, aber wer es gar nicht erst versucht, der verpasst diesen Glücksmoment tatsächlich zu erleben.
Ich glaube, dies alles sind keine neuen Weisheiten – aber es lohnt sich auf jeden Fall, sich immer wieder daran zu erinnern. Wozu sind wir hier und wie wollen wir diese Zeit so nutzen, dass wir am Ende sagen können „Ich hab mein Leben wirklich gelebt – mit allen Höhen und Tiefen, aber ich würde es immer wieder so machen.“
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